100 bis 200 Kilogramm Kork

liefert ein Baum über seine gesamte Lebensdauer.

26.07.2021 Lesezeit: ca. 10 MinutenMinute

Silicon sorgt für ein sanftes Plopp

Wein und Sekt sind für viele Menschen der Inbegriff von Genuss und Lebensfreude. Doch erst muss der Stopfen aus der Flasche. Bestände er aus unbehandeltem Kork, wäre dies eine Herausforderung. Mit einer zertifizierten, lösemittelfreien Siliconbeschichtung löst sich der Korken nahezu reibungslos.

Schon Schiller wusste den Wert des Korkens so sehr zu schätzen, dass er ihm diese Zeilen widmete: „Welche Verehrung verdient der Weltenschöpfer, der gnädig/Als er den Korkbaum schuf, gleich auch die Stöpsel erfand.“

Stöpsel aus reinem Kork haben als Naturprodukte allerdings eine uneinheitliche Struktur, weisen oft Fehlstellen und feine Kanäle auf. Vor allem sind Korken unbehandelt für den Abfüller schwer in die Flasche zu drücken und für den Konsumenten noch schwerer herauszuziehen. Damit die Korken besser gleiten, ihre Dichtigkeit nicht verlieren und beim Herausziehen keine unerwünschten Schweb- oder Trübstoffe aus dem Verschluss im Getränk zurückbleiben, behandeln die Hersteller sie mit verschiedenen Gleit- und Imprägniermitteln: Paraffinwachse kommen dafür schon seit Langem zum Einsatz, trotz diverser Nachteile.

Frisch abgeerntete Korkeichen in Portugal: Rund die Hälfte der Weltjahresproduktion an Kork kommt aus dem Land auf der Iberischen Halbinsel.

Frisch abgeerntete Korkeichen in Portugal: Rund die Hälfte der Weltjahresproduktion an Kork kommt aus dem Land auf der Iberischen Halbinsel.

In jüngerer Zeit haben sich auch Siliconöle für die Korken von Weinflaschen etabliert, nicht aber für Sekt. „Für Sektkorken sollten Siliconöle nicht eingesetzt werden, weil sie eine entschäumende Wirkung haben“, weiß der Chemiker Dr. Christian Ochs, der ein anwendungstechnisches Labor bei WACKER SILICONES in Burghausen leitet. Eine weitere Möglichkeit, den natürlichen Kork zu veredeln, besteht darin, ihn mit Siliconkautschuk zu beschichten, der im Gegensatz zu Siliconölen nicht entschäumend wirkt.

„Unser Siliconkautschuk ELASTOSIL® E 6 N CSC ist sowohl für Weinkorken als auch für Sekt- und Spirituosenkorken geeignet – und zwar für Korkverschlüsse jeder Machart und Qualität.“

Dr. Christian Ochs, Leiter technisches Marketing, Industrial Solutions, WACKER SILICONES

Herstellung von Flaschenkorken

1 Mehr als sechs Monate wird der geerntete Kork gestapelt, um den idealen Feuchtigkeitsgehalt für die Verarbeitung zu erhalten.

2 Zuschneiden der Bretterkeile

3 Sortierung der Korkplanken

4 Auskochen und Stabilisieren: Die Reinigung des Korks und das Extrahieren wasserlöslicher Substanzen erhöhen die Dicke bzw. verringern die Dichte und machen den Kork weicher und elastischer.

5 Auswahl der Planken, Schneiden und Stanzen: Die Kanten der Planken werden vorbereitet, die Ecken beschnitten und die Planken nach den Qualitätskriterien Dicke, Porosität und äußeres Erscheinungsbild sortiert. Schließlich werden die Planken in Streifen geschnitten, die etwas breiter sind als die Länge der herzustellenden Korken, und zuletzt gestanzt.

6 Qualitätsauswahl: Die fertigen Korken werden durch automatisches Scannen der Oberfläche in verschiedene Sorten aufgeteilt.

7 Waschen/Desinfizieren

8 Branding: Das fertige Produkt wird mit einer Marke versehen.

Kork ist nicht gleich Kork

„Unser Siliconkautschuk ELASTOSIL® E 6 N CSC ist sowohl für Weinkorken als auch für Sekt- und Spirituosenkorken geeignet – und zwar für Korkverschlüsse jeder Machart und Qualität“, betont Ochs. Tatsächlich ist Korken nicht gleich Korken. Lediglich Kork, der nach dem Ausstanzen aus der Rinde von Korkeichen nur wenige kleine Poren vorzuweisen hat, bietet höchste Qualität. Korken dieser Qualitätsstufe sind vor allem hochwertigen Weinen vorbehalten, die lange in der Flasche gelagert werden sollen.

Bei Korken mittlerer Qualität, die nach dem Ausstanzen viele Hohlräume und eine unregelmäßige Struktur aufweisen, greifen die Hersteller zu einem Trick: Sie füllen die Poren mit einer Mischung aus Korkstaub und Bindemitteln. Diese Füllung verbessert die Widerstandsfähigkeit des Korkens und seinen Kontakt zum Glas.

Erst nach rund 25 Jahren erfolgt die erste Korkernte. Und erst die dritte Ernte ergibt die Qualität, die von Flaschenkorken verlangt wird.

Erst nach rund 25 Jahren erfolgt die erste Korkernte. Und erst die dritte Ernte ergibt die Qualität, die von Flaschenkorken verlangt wird.

Eine niedrigere Qualitätsstufe weisen sogenannte Presskorken auf: Die Hersteller verwenden dafür Reststückchen aus der Korkenproduktion und pressen sie mit einem Bindemittel zusammen. Schließlich gibt es noch eine Variante dieses Presskorkens, den Verbundkorken: Dabei werden auf den Presskorken Scheiben aus Naturkork geleimt – vor allem, um die Fläche, die mit dem alkoholischen Getränk in Berührung kommt, möglichst naturnah und widerstandsfähig zu gestalten.

„Für den Korkenhersteller ist die universelle Einsetzbarkeit von ELASTOSIL® E 6 N CSC ein Vorteil: Er kann mehrere Produktionslinien für die unterschiedlichsten Korken mit dem gleichen Siliconkautschuk ausrüsten. Dadurch wird seine Logistik einfacher und er spart Verwaltungsaufwand“, erklärt Marketing Managerin Martine de Schmidt-Camilleri.

Die Beschichtung findet in Rotationstrommel-Geräten statt, die großen Waschmaschinen gleichen. In den Trommeln werden die Korken zusammen mit dem Siliconkautschuk mindestens 20 Minuten herumgeschleudert. So verteilt sich die Siliconelastomer-Formulierung gleichmäßig über die Korken. „Damit das Silicon die Oberfläche und die Hohlräume der Korken gut benetzt, darf es nicht zu zähflüssig sein, muss also eine niedrige Viskosität aufweisen“, erklärt WACKER-Chemiker Christian Ochs. Genau dadurch zeichnet sich ELASTOSIL® E 6 N CSC aus: Der Siliconkautschuk enthält kein Lösemittel und ist trotzdem niedrigviskos.

Noch bevor der Hersteller die Korken aus der Trommel nimmt, beginnt bereits die Vulkanisation: Die Makromoleküle des Kautschuks reagieren chemisch miteinander zu größeren, vernetzten Einheiten. Diese sind nicht mehr so frei gegeneinander beweglich wie die ursprünglichen Moleküle. Es bildet sich daher auf dem Kork eine hauchdünne, elastische Beschichtung. Die Oberfläche der Korken fühlt sich dadurch angenehm samtig und glatt an; wegen der hydrophobierenden Eigenschaft des Silicons weist sie zudem Wasser ab. Die Vulkanisation, bei der sich kleine Moleküle wie Essigsäure abspalten, verläuft am besten bei erhöhter Luftfeuchtigkeit und einer Temperatur zwischen 25 und 35 Grad Celsius.

ELASTOSIL® E 6 N CSC ist universell einsetzbar. So kann der Korkenhersteller mehrere Produktionslinien mit demselben Siliconkautschuk ausrüsten.“

Martine de Schmidt-Camilleri, Marketing Managerin, WACKER SILICONES

Alle nötigen Zulassungen

„Selbstverständlich ist sichergestellt, dass aus der vulkanisierten Siliconbeschichtung keine gesundheitsschädlichen Stoffe in den Wein oder in den Sekt gelangen“, betont Christian Ochs. Gemäß den Regelwerken in Deutschland, Frankreich, Spanien, der EU und den USA ist ELASTOSIL® E 6 N CSC für den Kontakt mit Lebensmitteln geeignet. Doch fast noch mehr zählt in der traditionsbewussten Branche: Das zuständige Gremium in der französischen Region Champagne hat den Siliconkautschuk von WACKER auch als Beschichtung für Champagner-Korken zertifiziert.

Außerdem haben erfahrene Tester eines großen Korkenherstellers geprüft, ob die Beschichtung mit dem lösemittelfreien Siliconkautschuk die Farbe, den Geruch oder den Geschmack des Getränks beeinflusst, mit dem sie in Berührung kommt. Zur Gegenüberstellung verkosteten die Tester den gleichen Wein, der mit herkömmlich beschichteten Korken verschlossen und genauso lange gelagert worden war, beispielsweise drei Monate oder ein Jahr. „Diese Prüfungen verliefen erfolgreich für unsere Siliconkautschuk-Beschichtung“, berichtet Marketing Managerin Martine de Schmidt-Camilleri. Was sie hoffen lässt, künftig den Markt aufzurollen.

Barriqueausbau nennt man in Frankreich die traditionelle Lagerung des Weins in einem Eichenfass, bis er die nötige Reife erreicht.

Barriqueausbau nennt man in Frankreich die traditionelle Lagerung des Weins in einem Eichenfass, bis er die nötige Reife erreicht.

Mit Siliconkautschuk beschichteter Korken lässt sich leichter aus der Flasche lösen.

Mit Siliconkautschuk beschichteter Korken lässt sich leichter aus der Flasche lösen.

Und der ist nicht klein: 200.000 Tonnen Kork werden jedes Jahr weltweit gewonnen, davon rund die Hälfte in Portugal. Nicht der gesamte Kork geht in die Produktion von Korkverschlüssen. Schließlich ist das Material unter anderem als Bodenbelag, zur Wärmeisolation oder in der Schuhindustrie begehrt. Doch der überwiegende Teil des Korks wird für die Herstellung von jährlich rund 13 Milliarden Verschlüssen für Wein- und Sektflaschen verwendet.

Wobei Kork ein Geschäft ist, das nur mittels einer Art Generationenvertrag funktioniert: Denn die Waldbauern pflanzen Korkeichen nicht für sich, sondern eher für ihre Kinder und Enkel. Korkeichen wachsen in Mittelmeerländern zunächst 25 Jahre, bevor sie das erste Mal geschält werden. Doch dieser sogenannten „Jungfrauenkork“ ist zu spröde und zu hart, um ihn zu Naturkorken zu verarbeiten. Bis zur nächsten Ernte vergehen neun bis zehn Jahre – wie jeweils zu jeder weiteren Ernte. Optimal ist die Qualität des Korks erst nach dem dritten Abschälen. Das bedeutet: Zwischen dem Einpflanzen der Korkeiche und der ersten Ernte eines perfekten Naturkorken-Materials vergehen rund 45 Jahre. Verglichen damit dauert die Siliconkautschuk-Beschichtung, die dem Naturmaterial erst die gewünschten Eigenschaften gibt, nur so lange wie ein Wimpernschlag.

Vernetzungsmechanismus von Siliconkautschuk

Typische Eigenschaften von einkomponentigem, raum- temperaturvernetzendem Siliconkautschuk (RTV-1)

Einkomponentiges System:
+ Einfache Handhabung
+ Geringe Investitionen für Verarbeitungsequipment

+ Aushärtung bei Luftfeuchtigkeit

+ Aushärtungsprozess ist unempfindlich gegenüber anderen Substanzen

+ Sehr gute Haftung auf einer Vielzahl von Substraten

+ Robust, anwenderfreundliche Formulierungen
- Freisetzung von Essigsäure als Nebenprodukt (5 %), Belüftung nötig

Kondensationsreaktion: Chemischer Fachbegriff für eine Substitutionsreaktion, bei der sich zwei Moleküle unter Abspaltung eines einfachen, niedermolekularen Stoffes miteinander verbinden. Meist wird Wasser abgespaltet, aber auch Ammoniak, Kohlendioxid oder Chlorwasserstoff sind möglich. Eine Kondensationsreaktion ist die Basis für die Herstellung zahlreicher Polymere.

Kontakt

Mehr Informationen zum Thema erhalten Sie von

Frau Martine de Schmidt-Camilleri
Marketing Managerin Industrial Solutions
WACKER SILICONES
+49 89 6279-1384
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